
FINKE, August Christian Markus, Werkmeister, * Itzehoe 17.05.1896, + Berlin 1954. Markus ("Max") Finke arbeitete als Flugzeugmechaniker.
Joachim Finke -
Fabrikarbeiter aus Itzehoe
(vor 1843 bis vor 1881)
Was wir sicher wissen
Joachim Finke ist durch das Stadtarchiv Itzehoe als Fabrikarbeiter dokumentiert. Seine Lebensdaten lassen sich nur ungefähr eingrenzen: Er wurde vor 1843 geboren und starb vor 1881. Diese vagen Zeitangaben sind charakteristisch für die Quellenlage der Arbeiterschaft im 19. Jahrhundert. Joachim war evangelisch und heiratete Anna Rehder, die ebenfalls vor 1843 geboren wurde. Anna überlebte ihren Ehemann und starb nach 1881 in Hamburg, vermutlich im Stadtteil Groß-Borstel.
Das Ehepaar hatte mindestens einen Sohn: Hans Joachim Detlef Klaus Finke, geboren am 22. April 1860 in Itzehoe. Die Tatsache, dass der Sohn vier Vornamen trug, war für Arbeiterfamilien ungewöhnlich und deutet möglicherweise auf Patenschaften oder familiäre Ehrungen hin.
Leben in der Industrialisierung
Joachim Finke gehörte zur ersten Generation der Industriearbeiterschaft in Schleswig-Holstein. Itzehoe entwickelte sich ab den 1840er Jahren zu einem wichtigen Industriestandort mit Zementwerken, Maschinenfabriken und anderen Betrieben. Als Fabrikarbeiter war Joachim Teil einer neuen gesellschaftlichen Schicht, die zwischen den traditionellen Handwerkern und den ungelernten Tagelöhnern stand.
Die Arbeitsbedingungen in den frühen Fabriken waren hart: 12- bis 14-Stunden-Tage bei geringer Entlohnung und ohne sozialen Schutz. Arbeiter lebten oft in beengten Verhältnissen und waren bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit auf sich selbst gestellt. Bei einer Lebenserwartung von etwa 40 bis 45 Jahren für Industriearbeiter dieser Zeit erreichte Joachim mit seinen geschätzten 40 bis 50 Lebensjahren ein durchschnittliches Alter für seine Schicht.
Familie und Mobilität
Die Ehe zwischen Joachim Finke und Anna Rehder spiegelt die typische Mobilität der Industriearbeiterschaft wider. Beide stammten vermutlich nicht aus Itzehoe selbst, sondern zogen der Arbeit wegen in die aufstrebende Industriestadt. Diese Binnenmigration war charakteristisch für die Zeit: Junge Menschen verließen die übervölkerten ländlichen Gebiete, um in den neuen Industriezentren Arbeit zu finden.
Anna Rehders spätere Übersiedlung nach Hamburg nach Joachims Tod zeigt die prekäre Situation von Arbeiterwitwen. Ohne soziale Absicherung waren sie oft gezwungen, zu Verwandten zu ziehen oder in größeren Städten nach Arbeitsmöglichkeiten zu suchen. Hamburg bot als Handelsmetropole mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für alleinstehende Frauen.
Der Sohn Hans Joachim Detlef Klaus blieb hingegen in Itzehoe und übte ebenfalls den Beruf des Fabrikarbeiters aus. Seine Lebensdaten (1860-1943) zeigen, dass er die schwierigen Anfangsjahre der Industrialisierung überlebte und ein für damalige Verhältnisse sehr hohes Alter von 83 Jahren erreichte. Hans Joachim gründete eine große Familie und hatte mindestens 19 Kinder, was selbst für die damalige Zeit außergewöhnlich war.
Einer seiner Söhne, August Christian Markus Finke (geboren 17. Mai 1896), repräsentiert den sozialen Aufstieg der Familie über die Generationen. Während sein Großvater Joachim einfacher Fabrikarbeiter war und sein Vater Hans Joachim ebenfalls als Fabrikarbeiter arbeitete, stieg August zum Werkmeister auf und erlernte den spezialisierten Beruf des Flugzeugmechanikers. Dieser Aufstieg spiegelt die zunehmenden Bildungs- und Berufsmöglichkeiten wider, die die fortschreitende Industrialisierung bot. August, der den Spitznamen "Max" trug, verließ schließlich Schleswig-Holstein und starb 1954 in Berlin.
Die genealogische Sackgasse
Joachim Finke markiert eine typische Forschungsgrenze der Arbeitergenealogie des 19. Jahrhunderts. Trotz der grundsätzlich besseren Quellenlage dieser Zeit lassen sich seine Vorfahren nicht ermitteln. Dies liegt an den spezifischen Problemen der Unterschichtenforschung.
Das Haupthindernis ist die Mobilität der Arbeiterschaft. Joachim und Anna stammten vermutlich aus ländlichen Gebieten Schleswig-Holsteins oder des benachbarten Mecklenburgs, aber ihre genaue Herkunft ist unbekannt. Kirchenbücher kleinerer Dörfer sind oft unvollständig überliefert oder schwer zugänglich. Zudem führten viele Pastoren die Namen von Unterschichtangehörigen weniger sorgfältig als die der begüterten Familien.
Ein weiteres Problem liegt in der sozialen Schichtung der Quellen. Während bürgerliche Familien oft in Steuerregistern, Zunftlisten oder Geschäftsunterlagen erscheinen, hinterließen Tagelöhner, Knechte und frühe Fabrikarbeiter kaum schriftliche Spuren. Die systematische Einwohnerregistrierung entstand erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts - zu spät für Joachims Elterngeneration.
Dennoch bleiben einige Forschungsansätze theoretisch möglich. Kirchenbücher der umliegenden Dörfer könnten Taufen von Joachim oder Anna verzeichnen. Fabrikakten der frühen Itzehoer Betriebe, falls erhalten, könnten Hinweise auf Herkunft und Anstellung enthalten. Das Hamburger Staatsarchiv könnte Informationen zu Anna Rehders späteren Lebensjahren bewahren. Die DNA-Genealogie bietet zusätzliche Möglichkeiten, Verbindungen zu anderen Finke-Linien in Norddeutschland aufzudecken. Diese Ansätze erfordern jedoch systematische Archivarbeit in mehreren Bundesländern mit ungewissem Erfolg.
Bei Hinweisen zu diesem Forschungszweig wenden Sie sich bitte an Markus Fudickar:
forebears@protonmail.com